17
Mai

Es ist Samstagabend, wir sitzen bei Freunden auf der großen Couch und schauen gemeinsam, auf Riesenleinwand, den ESC!

Als Jamala aus der Ukraine ihren Song „1944“ performt, fragen wir uns, obgleich sie als Favoritin galt, ob die Zuschauer dieses schwere Lied wohl mögen.

Theatralisch, ausdrucksstark und mit enormer Stimmkunst, wird die Schwere durch Discobeats durchbrochen. Es hat Schwere und Leichtigkeit, Tiefgang und Oberfläche, Vergangenheit und Gegenwart. Hohe Töne und ganz tiefe Töne. Vielleicht ist es das, was wir Menschen brauchen? Das „sowohl-als-auch“?

In Coachings erlebe ich immer wieder, dass die Coachees von „entweder-oder“ reden. Und das macht es so schwer, Entscheidungen zu treffen. Sich selbst zu akzeptieren und den anderen zu akzeptieren. Gelassenheit und Zufriedenheit sind dadurch schwer erreichbar.

Mit dem hypnosystemischen Ansatz betrachten wir gemeinsam das, was eher stört. Die somatischen Marker (Körperreaktionen) werden dann intensiver betrachtet. Wer kennt das nicht, ich bin gut vorbereitet auf meinen Vortrag, habe die Unterlagen mehrfach auf Korrektheit überprüft, vor dem Spiegel geübt und dann kommt der Moment: jemand aus dem Publikum stellt mir eine Frage. Oder meint sogar: „Das stimmt aber nicht, was Sie da sagen!“ Blitzschnell schnürt sich mein Hals zu. Die Stimme bleibt weg. Mein Herz rast. Meine Gesichtsfarbe errötet. Wie gerne würde ich in dem Moment die somatischen Marker verfluchen? Wegschicken? Sie kommen allerdings immer wieder in ähnlichen Situationen. Sie sind sozusagen fest gebucht. Wenn ich diese Zeichen nicht wegradieren kann, was dann?

Im Coaching suchen wir dann gemeinsam einen Weg der Utilisation. Wofür kann ich diese Reaktion nutzen? Und: wovor schützt sie mich? Womöglich braucht es genau diese Reaktion, um nicht ins Unglück zu laufen! Um achtsamer zu sein? Und in der hypnosystemischen Arbeit findet dann mein Körper mit Hilfe meines Unterbewusstseins Lösungen. Und dann sind wir im „sowohl-als-auch“.

In Zukunft-Workshops gilt es zuallererst, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen.

Und im systemischen Coaching ist Perspektivenwechsel durch wirksame Fragen wie „angenommen, das Problem wäre gelöst, was würde dann fehlen?“, „welche guten Gründe haben Sie, das Thema aufrechtzuerhalten“ und „wofür steht das Problem“? Es gibt natürlich noch zahlreiche weitere wirksame Fragen, die dem Klienten einen anderen Blick auf das Problem ermöglichen.

Und: um einen ersten Platz zu belegen, reicht es einfach nicht, nur eine Seite zu bedienen! In der Gesamtheit braucht es Licht und Schatten, Höhen und Tiefen, Liebe und Trauer, Erfolg und Misserfolg, Freude und Ärger und: Lust und Frust! In diesem Sinne, viel Freude beim Song“